STIFTUNG SICHERHEIT IM SKISPORT
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Neuigkeiten

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Der Winter kann kommen

Die Corona-Pandemie stellt auch die Welt des Wintersports vor neue Herausforderungen. Skigebietsbetreiber, Tourismus- und Spitzensportverbände arbeiten intensiv an Konzepten für die kommende Wintersaison. Oberste Priorität haben Sicherheit und Gesundheit - von Gästen und Mitarbeitern, Sportlern und Zuschauern.

Welche Herausforderungen die Corona-Pandemie in Zukunft für uns bereithält, kann mit Gewissheit niemand sagen. Auch nicht in Bezug auf die anstehende Wintersaison. Sicher scheint jedoch, dass im kommenden Winter Einiges anders sein wird als gewohnt. Im Freizeit- wie im Spitzensport. Um eine Wintersaison zu ermöglichen, die den Wünschen möglichst aller Ski- und Wintersportbegeisterten gerecht wird, vor allem aber maximale Sicherheit gewährleistet, arbeiten Skigebietsbetreiber, Tourismus- und Spitzensportverbände in enger Abstimmung mit der Politik an entsprechenden Konzepten. Die Stiftung Sicherheit im Skisport (SIS) hat mit dem Deutschen Skiverband (DSV), dem Snowboardverband (SVG) und dem Deutschen Skilehrerverband (DSLV) hierfür eine gemeinsame COVID-19 Task Force eingerichtet. Wir haben Experten gefragt, wie der kommende Winter aussehen könnte.


Prof. Dr. Ralf Roth
Institut für Outdoor Sport und Umweltforschung, Deutsche Sporthochschule Köln, Vorstand Stiftung Sicherheit im Skisport (SIS)

Nach dem vorzeitigen Ende der letzten Wintersportsaison und den monatelangen, massiven Alltagseinschränkungen ist die Vorfreude auf den kommenden Winter besonders groß. Bei der Frage nach Wintersporttourismus in Corona-Zeiten, fordert Prof. Dr. Ralf Roth, Leiter des Instituts für Outdoor Sport und Umweltforschung an der Sporthochschule Köln, eine differenzierte Betrachtung. „Der Wintersport selbst stellt kein Risiko für ein erhöhtes Infektionsgeschehen dar“, betont Prof. Roth. „Beim Skifahren, und insbesondere beim Skilanglauf oder Tourengehen, sind ausreichende Sicherheitsabstände garantiert.“ Die in der kommenden Wintersaison zu lösenden Herausforderungen sieht Roth eher bei den mit dem Sport verbundenen Menschenansammlungen, also beim Après Ski, bei Veranstaltungen, in Skischulen, Unterkünften und Hütten, sowie beim Transport mit und zu den Bergbahnen. Um das Ansteckungsrisiko zu minimieren und das Worst-Case-Szenario eines neuerlichen Lockdowns in den Wintersport-Destinationen zu verhindern, wird derzeit intensiv an regionalen Schutzkonzepten gearbeitet. Im Vordergrund stehen dabei Abstands- und Hygieneregeln sowie eine Maskenpflicht an neuralgischen Punkten wie an Bergbahnen, in Skibussen und Gebäuden. „Mitunter wird es hier zu Kapazitätsbeschränkungen kommen“, prognostiziert Prof. Roth. „Durch eine Ausweitung der Öffnungszeiten, oder die Erhöhung der Frequenz, kann der Andrang jedoch entzerrt werden.“ Regelmäßige Desinfektion von Seilbahnkabinen, Skibussen, Skidepots und WC-Anlagen minimieren das Infektionsrisiko weiter. Sicherheit steht auch für die Tourismusdestinationen und Beherbergungsbetriebe an erster Stelle: Einige Gebiete und Hotels empfehlen ihren Gästen bereits, mit einem negativen Corona-Testergebnis anzureisen. Vielerorts stehen „Gäste-Screening-Stationen“ für Tests zur Verfügung. Die Mitarbeiter in den Tourismus-betrieben werden während der Saison fortlaufend getestet werden. Entsprechende Verordnungen regeln inzwischen eindeutig den Umgang bei Verdachtsfällen und Infektionen von Mitarbeitern oder Gästen und sollen so eine weitere Ausbreitung verhindern. Party-Tourismus dürfe es aus Verantwortung für den Wintersport in keiner Form geben, mahnt Prof. Roth: „Nur mit eigenverantwortlichem Handeln und konsequenter Einhaltung von Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen werden wir die Wintersporttage genießen können.“


Thomas Braun
DSV-Vorstand Sportentwicklung und Bildung

Massive Auswirkungen hatte der Ausbruch der Corona-Pandemie auch für das Ausbildungswesen des Deutschen Skiverbands. Mit Schließung der Skigebiete in Österreich und Deutschland mussten zahlreiche Lehrgänge der DSV Ski- & Snowboardlehrerschule abgesagt werden. Auch wenn an eine Praxis-Ausbildung unter Lockdown-Bedingungen nicht zu denken war, ist es nach einer kurzen Orientierungsphase gelungen, den Lehrgangsbetrieb zumindest im theoretischen Teil der Ausbildung digital per Videokonferenz zu realisieren. So konnte bereits Anfang Mai die Prüfung zum „DSV-Skilehrer“ online durchgeführt werden. Digitale Technik ermöglichte es auch, die Ausbildungen im Rahmen der DSV-Trainerschule und des DSV-Verbundstudiums über Online-Lernplattformen fortzuführen. „Erste Praxislehrgänge in der Trainerschule wurden bereits durchgeführt und ab Oktober gehen wir davon aus, auch in der Ski- & Snowboardlehrerschule den Lehrgangsbetrieb im praktischen Bereich wieder aufnehmen zu können“, sagt Thomas Braun, DSV-Sportvorstand Sportentwicklung/Bildung. „Natürlich hängt auch hier vieles von der aktuellen Entwicklung der Infektionszahlen und den daraus resultierenden Einschränkungen in den für den Lehrgangsbetrieb wichtigen Regionen ab.“ Im Vordergrund steht die Sicherheit der Lehrgangsteilnehmer: So wird die Ausbildung in Kleingruppen organisiert, der Wechsel von Teilnehmern zwischen den Gruppen vermieden. Um die Zahl der Teilnehmer pro Kurs zu reduzieren und die Hochsaison in den Skigebieten zu meiden, aber auch, um den Auszubildenden die Teilnahme an den Ende letzter Saison ausgefallenen Kursen zu ermöglichen, wurde die Zahl der Lehrgänge deutlich erhöht. Zudem ermöglichen verlängerte Anmeldefristen, der Dynamik des Geschehens gerecht zu werden. Datenschutzrechtliche Bestimmungen wurden so angepasst, dass eine Datenweitergabe zur Nachverfolgung eventueller Infektionsketten gewährleistet ist. Gespräche mit Partnern wie Hotels, Skigebieten und Busunternehmern vermitteln Zuversicht, dass bei notwendigen Stornierungen gegebenenfalls kulante Lösungen gefunden werden. „In der aktuellen Situation zeigen alle Beteiligten Flexibilität, Verständnis und gegenseitiges Entgegenkommen“, betont Thomas Braun.


Wolfgang Maier  /  Karin Orgeldinger
DSV-Sportvorstand Alpin, Ski Cross und Freeski  /  DSV-Sportvorstand Nordisch/Biathlon

Abrupt endete die vergangene Saison auch im Spitzensport: Nachdem im Biathlon-Weltcup zu Beginn der Corona-Krise in Nove Mesto vor leeren Zuschauerrängen zumindest noch „Geisterrennen“ ausgetragen werden konnten, folgte Mitte März in allen Disziplinen die komplette Absage des restlichen Weltcup-Programms. Auch nach dem vorzeitigen Saisonende sorgte der Lockdown für massive Einschränkungen im Spitzensport: Denn aufgrund der Reise- und Kontaktbeschränkungen konnten sich die Athletinnen und Athleten nicht wie gewohnt auf den kommenden Winter vorbereiten. So mussten die Sportler ihr Athletiktraining zunächst individuell zu Hause absolvieren, Anleitung und Feedback durch die Trainer konnte recht schnell in Form von Gruppentrainings per Videokonferenz organisiert werden. „Ein Training an den Stützpunkten und in den Skigebieten war bis in den Mai hinein aber unmöglich“, schildert DSV-Sportvorstand Wolfgang Maier die Situation der Alpinen, Ski Crosser und Freeskier. Auf Schnee konnte erst ab Ende Mai nach Lockerung der Reisebeschränkungen trainiert werden, mit Ausfall der Südamerika-Lehrgänge war Training in den Speed-Disziplinen ausschließlich in Zermatt möglich. „Hier zeigte sich einmal mehr der Standortnachteil, den wir gegenüber anderen Nationen haben.“

Im Biathlon und in den nordischen Disziplinen konnte der Trainingsbetrieb an den Stützpunkten, mit Ausnahme von Ruhpolding und am Olympiastützpunkt in München, etwas früher – ab Ende April – wiederaufgenommen werden. „Wir haben davon profitiert, dass wir in Deutschland sehr gute Trainingsmöglichkeiten an den Stützpunkten haben. Es erforderte jedoch für unsere Trainer und Bundesstützpunktleiter in Abstimmung mit den Olympiastützpunkten und den regionalen Behörden einiges an Informations- und Organisationsaufwand, das Training unter den jeweils geltenden Bestimmungen in der geforderten Qualität anzuschieben“, betont Sportvorstand Karin Orgeldinger.

Die Saisonvorbereitung verlief trotz aller Beschränkungen erfolgversprechend: „Die Leistungsüberprüfungen über Tests oder Trainingswettkämpfe zeigen im Vergleich zu den Vorjahren jedenfalls keine Formdefizite“, blickt Karin Orgeldinger zuversichtlich in die kommende Saison. „Wir bereiten uns aktuell zielgerichtet und akribisch auf die Weltcup-Saison inklusive Heim-WM in Oberstdorf vor – hoffentlich mit Zuschauern.“ Auch Wolfgang Maier wagt einen optimistischen Ausblick: „Wir wollen und werden Skirennen fahren und nutzen alle unsere Möglichkeiten, um uns bestmöglich auf die vorstellbaren Szenarien vorzubereiten.“


Prof. Dr. Bernd Wolfarth
Leitender DSV-Verbandsarzt

Voraussetzung für die schnellstmögliche Aufnahme des Trainingsbetriebs war die Einhaltung strenger Auflagen. Ein entsprechender Leitfaden mit verpflichtenden Maßnahmen zur Risikovermeidung wurde unter der Federführung des leitenden DSV-Verbandsarztes Prof. Dr. Bernd Wolfarth in enger Zusammenarbeit mit dem DOSB ausgearbeitet und wird nach wie vor befolgt. Im Rhythmus von 14 Tagen erfolgen bis heute Aktualisierungen. „Neben dem Training in Kleingruppen und der Einhaltung von Abstandsregeln und Hygienestandards beinhaltet der Leitfaden unter anderem auch Auflagen für An- und Abreise sowie Unterbringung der Sportler, Trainer und Betreuer“, erklärt Prof. Wolfarth. „Zudem wird mithilfe eines speziellen Fragebogens versucht, Infizierte zu identifizieren, um während der Trainingsmaßnahmen bestmöglich eine Ansteckung des Umfelds zu vermeiden.“ Dank des akribisch ausgearbeiteten Hygienekonzepts und strenger Beachtung al-ler Auflagen sind in den DSV-Teams und deren Umfeld bis jetzt keine Verdachtsfälle oder gar Infektionen aufgetreten.


Stefan Schwarzbach
Geschäftsführer DSV Marketing GmbH

Auf alle Szenarien gut vorbereitet sein – so lautet auch das Motto für die Planung der deutschen Weltcup-Veranstaltungen und der Nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Oberstdorf. „Die heimischen Events sind nicht nur wichtig für die Außendarstellung des Skisports in Deutschland – sie sind auch der wirtschaftliche Lebensnerv des Deutschen Skiverbands“, betont Stefan Schwarzbach, Geschäftsführer der DSV Marketing GmbH, die Bedeutung der insgesamt 14 geplanten Veranstaltungen vor heimischer Kulisse. Derzeit arbeitet der Deutsche Skiverband gemeinsam mit den Organisationskomitees intensiv an Konzepten, um die Veranstaltungen trotz schwieriger Rahmenbedingungen und der nicht genau vorherzusagenden Entwicklung abzusichern. „Wir tun alles, um die Veranstaltungen – natürlich unter Einhaltung der behördlichen Vorgaben – wie gewohnt vor Publikum durchführen zu können“, benennt Schwarzbach die Zielsetzung. „Die möglichen Szenarien beinhalten aber auch eine Durchführung mit reduzierten Zuschauerzahlen bzw. ohne Publikum.“ In den letzten Wochen ist es unter Federführung des DSV gelungen, einen Schulterschluss des deutschen Sports zu initiieren: In enger Abstimmung mit einer aus Vertretern der deutschen Spitzenverbände und des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) besetzten Taskforce entwickelt die Agentur APA, die mit der Erstellung des Hygienekonzepts der DFL bereits erfolgreich die Voraussetzungen zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs in der Fußball-Bundesliga geschaffen hat, ein Hygiene-Rahmenkonzept für eine verantwortbare, TÜV-geprüfte Durchführung von Sportveranstaltungen. Auf Basis dieses Rahmenkonzepts erstellt der Deutsche Skiverband ein Modul mit sportartspezifischen Aspekten, das schließlich durch eine eventspezifische Konzeption für die jeweilige Veranstaltung ergänzt wird. „Grundsätzlich bietet der Skisport mit Freiluftveranstaltungen und der Möglichkeit, durch temporäre Tribünenbauten das Einhalten von Sicherheitsabständen zu gewährleisten, alle Voraussetzungen, um Events – auch mit Zuschauern – verantwortungsvoll und sicher durchführen zu können“, betont Stefan Schwarzbach. Letztlich hängt auch hier vieles von der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie und den daraus resultierenden politischen Entscheidungen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene ab.

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