Erstmals in der Geschichte des alpinen Skifahrens war die zurückliegende Wintersaison keine richtige Skisaison. Wer dennoch nicht auf Wintersport verzichten wollte, ging zum Langlaufen oder auf Skitour. Nach einem deutlich zu nassen, ungewöhnlich schneearmen und sehr warmen Winter 2019/20, war der Winter 2020/21 nämlich ein außergewöhnlich schneereicher. Von Anfang Dezember bis Mitte März gab es auf beiden Seiten der Alpen immer wieder teilweise große Neuschneemengen bis in die Niederungen. Sowohl die Neuschneemengen als auch die Schneehöhen waren überdurchschnittlich. Im zurückliegenden Winter gab es aber auch viele Lawinenunfälle.
Wetterverlauf Deutschland 2020/21
Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeichnete sich der meteorologische Winter (Dezember, Januar, Februar) 2020/21 dadurch aus, dass die durchschnittliche Niederschlagsmenge (1961-1990) von 181 Liter pro Quadratmeter mit 180 l/m² fast genau erreicht wurde. Ein Großteil des Niederschlags fiel als Schnee. Höher gelegene Gebiete wurden bereits im Oktober eingeschneit. Die darauffolgenden Wintermonate November bis März waren durch einen permanenten Wechsel von sehr warmen und kalten Perioden, aber auch durch sehr niederschlagsreiche Zeiten gekennzeichnet. So wurden an den Messpunkten nördlich des Alpenhauptkammes die für Januar größten Neuschneemengen seit 1968 registriert. Mitte Januar war die Schneedecke im Allgäu und den Chiemgauer Alpen örtlich bis zu 100 Zentimeter hoch.
Die Sonnenscheindauer im Winter 2020/21 überstieg mit rund 175 Stunden den Durchschnittswert von 153 Stunden (Periode 1961 bis 1990) deutlich. Im Vergleich zum Zeitraum 1991 bis 2020 lag sie geringfügig über dem Klimawert von 170 Stunden. Am häufigsten schien die Sonne am Alpenrand, mit bis zu 285 Stunden, am wenigsten im äußersten Norden mit teilweise weniger als 125 Sonnenstunden.
Allerdings war der Winter 2020/21 laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) wieder mal zu warm und somit war es der zehnte zu warme Winter in Folge. Mit 1,8 Grad Celsius lag der Temperaturdurchschnitt im Winter 2020/21 um 1,6 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode (1961 bis 1990). Im Dezember und Januar gab es immer wieder sehr mildes und nasskaltes Wetter. In den ersten Februarwochen lag zuerst der Norden, dann ganz Deutschland im Einflussbereich skandinavischer Hochdruckgebiete, die es vorübergehend unter eisiger Kälte erstarren ließen. Gebietsweise gab es sehr strengen Frost von unter -20 Grad Celsius. Ende Februar stiegen die Temperaturen deutlich an und erreichten das andere Extrem. Am wärmsten wurde es am 25.02.2021 in Ohlsbach bei Offenburg mit außergewöhnlichen 22,0 Grad Celsius. An sechs Tagen in Folge war es mit über 20 Grad Celsius deutlich zu warm.
Die Winter werden immer wärmer. In der 253-jährigen Messgeschichte lagen die vier wärmsten Winter in den 2000er-Jahren.
Wetterverläufe Österreich und Schweiz 2020/21
Die Schneeverhältnisse in Österreich waren durchschnittlich bis überdurchschnittlich. In Vorarlberg und Nordtirol fiel verbreitet um 30 bis 100 Prozent mehr Neuschnee. In Lienz war es mit einer Niederschlagsmenge von 622 Liter pro Quadratmeter der zweitnasseste Winter der rund 170-jährigen Messgeschichte. „Mit einer Neuschneemenge von 324 Zentimeter war es der schneereichste Winter seit Beginn der Schneemessungen hier vor rund 50 Jahren“, sagte ZAMG-Klimatologe Alexander Orlik.
Auch in der Schweiz blickt man auf einen schneereichen Winter 2020/21 zurück. In der Ostschweiz wurden die kräftigsten Neuschneefälle seit Messbeginn, lokal mit Rekordmengen gemessen.
Lawinenlage 2020/21
In hohen Lagen bildete sich bereits im Oktober verbreitet eine durchgehende Schneedecke. Besonders während der Schneefälle gab es einzelne kleine Lawinenabgänge. Der November war trocken, sonnig und mild, es gab kaum Lawinen. Aber die dünne Schneedecke und besonders die Schneeoberfläche wurde in den Schattenhängen aufbauend umgewandelt. Das führte zu einer schwachen Unterlage für weitere Schneefälle. Im Zeitraum Dezember, Januar bis Anfang Februar gab es immer wieder teils ergiebigen Neuschnee. In dieser Zeit war die Lawinensituation vom Neu- und Triebschnee und vom schwachen Altschnee geprägt. Nicht nur in der Schneedeckenbasis, sondern auch im mittleren Teil der Schneedecke waren bis dahin Schwachschichten vorhanden. Die Lawinensituation war sehr dynamisch, die Lawinengefahr anhaltend und verbreitet groß. Die Lawinenwarnstufe 4 wurde in Bayern an fünf Tagen ausgegeben. Im Januar gingen viele große und sehr große, Ende Januar auch einzelne extrem große spontane Lawinen nieder.
Der Februar war trocken, sehr mild, die starken Südwinde brachten nicht nur Rekordtemperaturen, sondern auch Saharastaub. Aufgrund der Wärme setzte und verfestigte sich die Schneedecke. Das führte dazu, dass ab Mitte Februar eine geringere Lawinensituation vorherrschte. An 18 Tagen wurde die Stufe 2 ausgegeben. Die Gefahr von Nass- und Gleitschneelawinen stieg besonders in der letzten Februarwoche im Tagesverlauf deutlich an.
Mitte März kehrte der Winter zurück. Der kräftige Schneefall ließ die Lawinengefahr an drei Tagen gebietsweise auf Stufe 4 (groß) anwachsen.
Danach beruhigte sich die Lawinensituation, bis es zwischen dem 07.04.2021 und 09.04.2021 erneut viel Neuschnee gab. Es wurde an drei Tagen die Stufe 3 (erheblich) ausgegeben.
In hohen Lagen muss mit der zunehmenden Durchfeuchtung der Schneedecke auch im weiteren Verlauf des Frühlings mit Lawinen gerechnet werden.
Lawinenunfälle in Deutschland 2020/21
Nach Angabe der Lawinenwarnzentrale Bayern gab es im Winter 2020/21 wie bereits im Vorjahr in Deutschland keine Todesopfer durch Lawinenabgänge.
Die kritische Gefahrenstufe 4 (groß) wurde in der Wintersaison 2020/21 in Deutschland neunmal ausgerufen, das liegt über dem langjährigen Durchschnitt.
Die Verteilung der prognostizierten Gefahrenstufen im Winter 2020/21 sieht folgendermaßen aus: 31 Mal Gefahrenstufe 1 (gering), 57 Mal Gefahrenstufe 2 (mäßig), 34 Mal Gefahrenstufe 3 (erheblich), 9 Mal Gefahrenstufe 4 (groß), 0 Mal Gefahrenstufe 5 (sehr groß), 7 Mal wurde keine Gefahrenstufe ausgegeben.
Lawinenunfälle in Österreich 2020/21
Für den Zeitraum 01.11.2020 bis 18.04.2021 legen das Österreichische Kuratorium für Alpine Sicherheit (ÖKAS), die Alpinpolizei/BMI und der Österreichische Bergrettungsdienst (ÖBRD) den vorläufigen Bericht Winter 2020/21 zu den alpinen Unfallzahlen in Österreich vor. Die Restriktionen rund um die Corona-Pandemie haben letzten Winter zu teils drastischen Rückgängen bei den Besucherzahlen im alpinen Raum geführt. Im Winter 2020/21 sank die Zahl der Unfallereignisse sowie die Zahl der dabei beteiligten Personen im Vergleich zum Zehnjahresmittel um etwa zwei Drittel. Die Zahl der Toten aber nur um etwa ein Drittel. Die Anzahl der Todesfälle auf Skipisten sank auf ein Sechstel.
Beim Skitourengehen gab es rund 30 Prozent mehr Verunfallte, jedoch vergleichbar viele Tote wie in den Wintern zuvor. Im Winter 2020/21 gab es in den österreichischen Bergen 14 Lawinentote, die auf einer Skitour tödlich verunglückt waren. Davon acht in Tirol, zwei in Oberösterreich sowie je ein Lawinentoter in Vorarlberg, Kärnten, Salzburg und der Steiermark. Im Zehnjahresmittel (01.11.2011 bis 31.10.2020) starben durchschnittlich 21 Alpinisten jährlich auf einer (Ski)Tour. Insgesamt verunfallten (das sind Tote, Verletzte, Unverletzte) im Winter 2020/21 (bis 14.03.2021) 468 Tourengeher, davon sind 64 % Männer und 36 % Frauen.
Lawinenunfälle in der Schweiz 2020/21
Nach Angaben des Schweizer Schnee- und Lawinenforschung SLF gab es im Winter 2020/21 27 Todesopfer. Insgesamt wurden dem SLF vom 01.10.2020 bis 30.03.2021 318 Schadenlawinen (Sach- und Personenschäden) gemeldet. Darunter waren 215 (Durchschnitt letzte 20 Jahre: 113) Personenlawinen mit insgesamt 296 erfassten Personen. Die Anzahl der erfassten Personen liegt mit rund zwei Dritteln deutlich über dem Durchschnitt der letzten 20 Jahre mit 177 erfassten Personen. In den Schweizer Alpen liegt die Gesamtopferzahl mit 27 Personen deutlich über dem langjährigen Mittel von 18 Todesopfern. Im Jahr zuvor waren es noch fünf Personen, die in Lawinen ums Leben kamen. Alle Todesopfer waren Wintersportler, die sich im ungesicherten Gelände aufhielten, dabei waren elf Personen auf Touren unterwegs, 16 auf Variantenabfahrten.
Fazit Lawinenunglücke Alpenraum 2020/21
In der Wintersaison 2020/21 ereigneten sich in den Bergregionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz insgesamt 41 tödliche Lawinenunfälle. In der Wintersaison 2019/20 gab es dagegen elf tödliche Lawinenunfälle. Zwar gab es im Winter 2020/21 viele Lawinenunfälle und viele Lawinenopfer, aber relativ betrachtet ereignen sich zudem weniger Lawinenunfälle als noch etwa vor 20 Jahren. Grund dafür könnte der immer besser werdende und leichter abzurufende Wetter- und Lawinenlagebericht sein. Der Lawinenlagebericht enthält eine Prognose der Lawinengefahr und allgemeine Informationen zur Schneesituation. Der Bericht und die entsprechende App sind zu einer der wichtigsten Informationsquellen geworden. Auch die jahrelange Aufklärungs- und Präventionsarbeit sowie vielfältige Ausbildungsangebote zeigen scheinbar Wirkung. Ein ganz besonderer Dank gilt an dieser Stelle dem Team der Lawinenwarnzentrale Bayern, im Bayerischen Landesamt für Umwelt, für ihre hervorragende Arbeit.
Adressen zu den Lawinenlageberichten
Deutschland: http://www.lawinenwarndienst-bayern.de/
Österreich: lawine.tirol.gv.at/home/uebersicht/
Schweiz: www.slf.ch
Südtirol: www.bergportal.com
Italien: www.aineva.it
Quellen
www.slf.ch/
www.lawinenwarndienst-bayern.de
www.dwd.de/DE/Home/home_node.htm
www.meteoschweiz.admin.ch
www.zamg.ac.at